Skip to main content
© Bildrecht, Wien, 2023; Foto: Zenita Komad; © Bildrecht, Wien, 2023
The Universe
© Bildrecht, Wien, 2023; Foto: Zenita Komad; © Bildrecht, Wien, 2023
© Bildrecht, Wien, 2023; Foto: Zenita Komad; © Bildrecht, Wien, 2023

The Universe

Künstler/in (geb. 1980 in Klagenfurt, Kärnten)
Date2010
ClassificationsObjekt
MediumKarton, Holz, Sand und Holzleim auf Leinwand/Hartfaserplatte
Dimensions150 × 110 × 24 cm
Credit LineArtothek des Bundes
Object number27587
DescriptionEwig bin ich dein Ja

Zenita Komads indisches Labyrinth

Die griechische Götterwelt nimmt sich aus wie eine Patchworkfamilie. Keine besonders zärtliche, keine besonders glückliche. Als Vorbild für das heute landauf, landab gepriesene Verwandtschaftschaos taugt sie wenig. Zuviel wird gestorben, zu viel vergewaltigt, zu viel Inzest betrieben. Eine der Geschichten handelt von König Minos und seinem hybriden Stiefsohn Minotauros, von dessen Halbschwester Ariadne, deren Liebhaber Dionysos, der wiederum der Bruder des Minos war. Und eben von Theseus, einem Faden und einem Labyrinth.

Die Geschichte selbst ist bekannt, so bekannt, dass sie sich tief in das kollektive Gedächtnis Europas eingegraben hat und eigens nicht geschildert werden muss. Kein Wunder, dass Figuren und Episoden dieses Mythos die Kunst seit Jahrtausenden bevölkern. Und noch weniger ein Wunder, dass Zenita Komad in ihrer jüngsten Arbeit sich diesem Stoff widmet. Besonders auch, da die Fäden seit Langem schon in ihren Arbeiten thematisiert werden und ihre mitunter klassischen Tafelbilder ins Skulpturale, Installative umformen.

Immer wieder ragen in Komads Arbeiten weiße oder rote Schnüre aus Gemälden heraus, verbinden sie, greifen Raum auf den Betrachter hin und verknüpfen sonst disparte Teile zu einer gemeinsamen Geschichte. Aber nicht zu irgendeiner Geschichte, denn klar sind die meist Kordeln als Nabelschnüre erkennbar, als Schnüre, die Elternschaften, Genealogien, Filiationen erzeugen, die Zeugnis sind des Lebens, der Liebe. Ganz so, wie der sprichwörtliche Ariadnefaden, der Theseus das Leben, Ariadne die Liebe erhält, - und den Zenita Komad besonders in ihrer Arbeit "Mann und Frau" thematisiert, in der die Schlingen der verbindenden Schnur zwischen zwei Objekten das Wort "liebe" formen.

Doch ganz so einfach bleibt die es nicht. Elternschaften sind komplexe Angelegenheiten, die Liebe nicht minder, vom Leben ganz zu schweigen. Und so stellt sich das Labyrinth, das Komad raumfüllend zeigt, als eines dar, dessen roter Faden überall verläuft. Die Mauern, die Wände in ihrer Gesamtheit sind dieser Faden. Die rettende Orientierungshilfe wird so zur ko-expansiven Größe, die alle Wege des Labyrinths umfasst. Ganz so, wie der Autor Jorge Luis Borges den Minotaurus über sein Labyrinth, sein "Haus", sagen lässt: "Das Haus hat den Umfang der Welt; besser gesagt, es ist die Welt." Solcherart gibt es kein "Außen", in das man fliehen könnte, keine Tröstung. Reine Immanenz.

Was sind die Folgen dieser Maßlosigkeit, dieses Wucherns? Zunächst wohl, dass der Ariadnefaden, der Ordnung in ein bedrohliches Durcheinander brachte, selbst zum Durcheinander, zum Tohuwabohu wird. Das Chaos des Lebens wird durch die Ordnungsmächte, durch Psychologismen und Psychatrie nicht behoben. Was sich als Hilfe ausgibt ist letztlich nur die Verdoppelung des Chaos. Das mag auf den ersten Blick wenig tröstlich erscheinen, doch bei näherem Hinsehen, verwandelt sich die Hoffnungslosigkeit in ein großes Fest, in ein Ja. "Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können", lässt Nietzsche seinen Zarathustra sagen. Und so heißt der Enkel der Ariadne, dessen Vater sie noch mit Theseus zeugt, denn auch Orion. Orion, der heute noch am Himmel zu finden ist. Dieses Ja zum Chaos, dieses "Ja-und-Amen-Lied" erhebt den Menschen über die Niederungen des Ressentiments, des Hasses, des Neides; aber auch darüber, Zuflucht zu falschen Propheten zu suchen. Daher ist das Labyrinth, das Komad/Daedalus bauen auch eines, das überblickbar, als Ganzes erfassbar ist. Seine Wände sind so niedrig, dass man es vollständig erfassen kann, das Labyrinth wie den roten Faden, mit dem es zur Deckung gelangt ist. Im Überblicken löst sich Gefangenschaft in Lachen auf. Komad/Daedalus haben Komad/Ariadne gezeigt, dass das Leben als Ganzes bejaht werden muss. Bejaht durch ein Lachen. Und wieder Nietzsche/Zarathustra: "Diese Krone des Lachenden, diese Rosenkranz-Krone: euch, meinen Brüdern werfe ich diese Krone zu. Das Lachen sprach ich heilig: ihr höheren Menschen, lernt mir - lachen." Kein Wunder also, dass Zenita Komads Labyrinth nicht auf Kreta errichtet wurde, sondern dort, wo die Lehre Zarathustras sich in besonderem Maße entfaltet hat, in Indien. Über den historischen Zarathustra aber berichtet Plinius der Ältere, er wäre der erste Mensch gewesen, der bei seiner Geburt gelacht habe.

Meinhard Rauchensteiner

[[missing key: detailactions.not-available-label]]
© Bildrecht, Wien, 2019; Foto: Zenita Komad; © Bildrecht, Wien, 2019
Zenita Komad
2016
© Bildrecht, Wien, 2019; Foto: Zenita Komad; © Bildrecht, Wien, 2019
Zenita Komad
2016
© Bildrecht, Wien, 2019; Foto: Zenita Komad; © Bildrecht, Wien, 2019
Zenita Komad
2016
© Bildrecht, Wien, 2023; Foto: Andreas Rausch © Bildrecht, Wien, 2023
Zenita Komad
2005
Foto: Artothek des Bundes
erworben 1983
© Bildrecht, Wien, 2021; Foto: Sabine Groschup, © Bildrecht, Wien, 2021
Sabine Groschup
2020
Foto: Barbara Höller; © Bildrecht, Wien, 2015
Barbara Höller
2012
© Bildrecht, Wien, 2021; Foto: Andrea Kopranovic
Toni Schmale
2018
Foto: Artothek des Bundes
Josef Schweikhardt
1979