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Foto: Courtesy Galerie Hubert Winter, Wien
Outpost of Progress
Foto: Courtesy Galerie Hubert Winter, Wien
Foto: Courtesy Galerie Hubert Winter, Wien

Outpost of Progress

Künstler/in (geb. 1972 in Krems, Niederösterreich)
Date2009
ClassificationsFotografie
Mediums/w Fotografie auf Barytpapier; kaschiert; gerahmt
Paper Support2-teilig
Dimensionsje: 120 x 120 cm; Rahmen, je: 124,5 x 123,5 cm
Credit LineArtothek des Bundes
Object number27536
Description(...) Erosion, Identität, Gedächtnis und Verlust sind auch Schlüsselbegriffe der Arbeit von Michael Höpfner. Der österreichische Künstler hat im Laufe der letzten Jahre eine künstlerische Praxis der geografischen und kulturellen Entfaltung entwickelt. Dabei durchwandert er zu Fuß Randgebiete und verlassene Landschaften verschiedener Kontinente. Seine Arbeit gestaltet sich als Kulturanalyse, die einer Logik der Feldforschung folgt und sich auf dem Grenzgebiet zwischen Utopie und Scheitern bzw. zwischen individueller Freiheit und kultureller Auflösung bewegt. So ist Outpost of Progress (2009-2010) das Ergebnis einer achtwöchigen Wanderung von Höpfner über das Hochplateau des Chang Tang im westlichen Tibet - eine Region, die von etwa fünfzigtausend Menschen bewohnt ist, die nach alter Tradition ein nomadisches Leben führen. Als Gebiet, zu dem Touristen und Ausländer keinen freien Zugang haben, gehört es zu den unbekanntesten Gegenden der Erde. So erweist sich das Gebiet Chang Tang im Verlauf der künstlerischen Erkundung Höpfners als Ort der organisierten Arbeitslager, der Festungen territorialer Eroberung, endloser Autobahnen sowie zahlreicher architektonischer Zerstörungen und Umweltschäden. Weit entfernt von jeglichem Ideal einer unberührten Natur und einer sauberen Umwelt, erscheint die von Höpfner dokumentierte tibetische Region ganz im Gegenteil als Vorposten der Zerstörung des Planeten durch die industrialisierte Gesellschaft. Es ist das Schauspiel einer Auslöschung von Kulturen und Traditionen, die seit Jahrtausenden verankert sind. In Schutzhäusern, Grotten und kleinen Hütten trotzen die Einwohner Chang Tangs dem Vormarsch des globalen Fortschritts. Durch vielfältige Formen einer unsichtbaren nomadischen Lebensweise verteidigen sie ihre im Auflösen begriffene Kultur. Mit seinen fotografischen Aufzeichnungen, Diapositiven und notdürftigen Wohnmodulen, die sich an der unscheinbaren Bauweise der Region orientieren, ist Outpost of Progress Ausdruck eines radikalen Blicks des österreichischen Künstlers auf unsere heutige Zeit und unsere Vorstellungswelt. Die Arbeit wendet sich gegen die Idealisierung einer Harmonie und Homogenität, die wir für gewöhnlich mit den großen Naturgebieten verbinden. Vielmehr zeigt sie die Brutalität des Antagonismus, der zwischen Sesshaftigkeit und Nomadentum, zwischen Tradition und Entwicklung besteht. Auf einem komplexeren Niveau der Interpretation wenden sich die Chiffren der künstlerischen Untersuchung Höpfners gegen die koloniale, der westlichen Kultur inhärente Vorstellung des Exotischen. Vielmehr entwickelt der Künstler eine Analyse, die einer gänzlich anderen zeitlichen Ordnung, nämlich jener des umherirrenden Wanderns, folgt. In diesem Sinne ist der Titel Outpost of Progress zu verstehen, den Höpfner aus der gleichnamigen Erzählung von Joseph Conrad aus dem Jahr 1897 bezieht. Der englische Schriftsteller mit polnischen Wurzeln ist selbst ein paradigmatisches Beispiel für den kosmopolitischen Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts und die konfliktreiche Schaffung einer Subjektivität, die sich kulturell zwischen Europa und der afro-asiatischen Welt bewegt. Auf diese Weise wird die Arbeit von Höpfner zu einer Vermittlung zwischen unterschiedlichen Kulturen und Welten, zum performativen Unbehagen, welches sich im Akt des Gehens ausdrückt und für einen tiefgründigeren Blick sorgt. Zugleich erweitert es das kritische Bewusstsein der Wahrnehmung. Welche Kulturmodelle und -formen sind in der Lage, jenes Wissen zu vermitteln, das nicht zur westlichen Kultur gehört? Was bleibt von dem ideologischen Schisma des zwanzigsten Jahrhunderts zwischen dem europäischen und dem primitiven Blickwinkel? Die einsame künstlerische Praxis Höpfners versucht, auf diese Fragen zu antworten und nimmt zu diesem Zweck die Form einer Revolte an, die es schafft, die Rhetorik der kollektiven Mitbestimmung als kulturell und politisch effiziente Lebensform in Frage zu stellen. Die Arbeit Outpost of Progress zerstört die Illusionen und Täuschungen der westlichen Vorstellungswelt und dokumentiert in letzter Instanz einen physischen und mentalen Ort des Widerstands gegen den globalen Kapitalismus, indem sie im Rhythmus des Wanderns mit der Möglichkeit einer völlig anderen Form von Freiheit experimentiert.

Luigi Fassi, Kurator ar/ge Kunst Bozen, Ausstellung Katarina Zdjelar - Michael Höpfner, Juni 2009, Bozen

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© Bildrecht, Wien, 2023; Foto: Michael Höpfner © Bildrecht, Wien, 2023
Michael Höpfner
2001
Foto: Michael Höpfner
Michael Höpfner
2006
© Bildrecht, Wien, 2015; Foto: Artothek des Bundes
Michael Pisk
1999
Foto: Michael Kienzer
Michael Kienzer
2007
Foto: Jörg Moser, Bernhard Sickert, Institut für Kunstgeschichte / Universität Innsbruck
Michael Ziegler
2004
Foto: Artothek des Bundes
Michael Aichhorn
1984
© Bildrecht, Wien, 2023; Foto: Artothek des Bundes
Michael Horsky
2003
Foto: Michael Kos; © VBK, Wien, 2010
Michael Kos
2006